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Der NS-Überlebende Ernest Kolman berichtet der Kursstufe 2 von seiner Kindheit in Nazi-Deutschland

Auf den ersten Blick wirkt Ernest Kolman nicht gerade wie jemand, der noch viel ausrichten kann. Wenn der 90-Jährige die Treppen im Forum des Hermann Hesse-Gymnasiums Calw hinabsteigt und sich an seinen Gehstock klammert, fragt man sich beinahe, warum er die lange Reise aus London in die Kleinstadt Calw überhaupt auf sich genommen hat. Doch dieser Eindruck verfliegt schnell, sobald Kolman zu reden beginnt. Aus Respekt vor den sitzenden, zuhörenden Schülern besteht er darauf, im Stehen zu berichten. Seine Botschaft scheint zu wichtig, als dass man sie im Sitzen erzählen könnte.

Kolman, dessen deutscher Name früher Ernst Kohlmann war, wurde am 1. Juni 1926 in der rheinländischen Kleinstadt Wesel geboren. Dort konnte er zunächst eine unauffällige und ruhige Kindheit verbringen. Dies änderte sich radikal, als 1933 die NSDAP um Hitler die Macht ergriff. Da die Familie Kolmans und damit er selbst jüdischer Herkunft ist, stellten sich bald die ersten Probleme ein. Im Forum des HHG berichtet er den Abiturienten zunächst von kleineren Anfeindungen innerhalb der Schule, die er aufgrund seiner Religion erlebte. Diese entwickelten sich fort, sodass es nach geraumer Zeit mit zunehmenden Schwierigkeiten verbunden war, auf die Straße zu gehen ohne angepöbelt zu werden. Die öffentliche Diffamierung ging bald soweit, dass NS-Soldaten Juden, die ihnen auffielen, auf offener Straße körperlich angriffen. Wer sich wehrte, so Kolman, brauchte sich nicht wundern, wenn er einige Tage später die Gestapo vor der Tür hatte.

Als die Familie 1934 nach Köln umzog, hatte Ernest Kolman großes Glück, ein Stipendium für das einzige jüdische Gymnasium in West-Deutschland erhalten zu können. Dieses war restlos überfüllt und obwohl Kolman nach eigener Aussage eigentlich nicht die nötige Leistung erbringen konnte, bekam er die Möglichkeit, diese Schule zu besuchen.
Doch auch das war bald nicht mehr möglich. Die Nationalsozialisten versuchten immer weiter, die Juden aus Deutschland zu vertreiben. Dass der Antisemitismus auch damals nicht neu war, stellt Kolman ausdrücklich klar. Juden wurden sowohl im römischen Reich, als auch im Mittelalter immer wieder verfolgt und Pogrome waren nie eine Seltenheit. Und trotzdem macht Kolman deutlich, dass ihm die Reichspogromnacht vom 9. November 1938 immer im Gedächtnis bleiben werde. 1939 hatte Ernest Kolman wieder großes Glück, denn dann konnte er mit einem der sog. Kindertransporte mit dem Zug in das Vereinigte Königreich fliehen. Seine Familie und sein altes Leben musste er zurücklassen. In London kam er dann in die Obhut verschiedener Gastfamilien und als er das erforderliche Alter erreichte, anglisierte er seinen Namen und konnte in die Royal Air Force eintreten, um gegen Nazi-Deutschland zu kämpfen. Als Kolman von seinem Tiefflug über das zerstörte Köln und sein Elternhaus am 8. Mai 1945 berichtet, merkt man, dass ihm dieser Anblick sehr nahe gegangen sein muss.

Zum Schluss seiner Erzählungen richtet Ernest Kolman noch einen Appell an die sichtlich beeindruckten Schüler: „Wenn euch irgendetwas auffällt, wenn ihr merkt, dass Antisemitismus vorhanden ist – Steht auf und wehrt euch!“ Man merkt, wie wichtig es Kolman damit ist, gerade in Zeiten, in denen Fremdenfeindlichkeit wieder salonfähig scheint. Dennoch habe er Hoffnung für Deutschland, meint Ernest Kolman zum Abschied. Tun wir alles dafür, dass diese Hoffnung nicht enttäuscht wird.

Von Jonas Bretschneider, K2

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