„Menschenrechte gestern, Menschenrechte heute“ – unter diesem Thema traf sich eine 25-köpfige Gruppe aus deutschen und polnischen Jugendlichen vom 21. bis 27. Mai im Internationalen Forum auf der Burg Liebenzell. 

„Auschwitz“ – wer denkt bei diesem Namen nicht gleich an das Menschheitsverbrechen des Holocaust? Und dies ist natürlich berechtigt! Doch wird darüber gern vergessen, dass Oświęcim (der deutsche Name ist Auschwitz) eine zwischen Kattowitz und Krakau im Süden Polens gelegene Stadt von 40.000 Einwohnern ist, eine Stadt, in der man genauso lebt wie anderswo auch. Und gerade dies zeigt uns eine deutsch-polnische Jugendbegegnung wie diejenige, die seit mittlerweile 20 Jahren vom Internationalen Forum Burg Liebenzell und der Internationalen Jugendbegegnungsstätte Oświęcim erfolgreich organisiert und durchgeführt wird. 

In diesem Jahr – wie auch im letzten Jahr – nahmen auf deutscher Seite Schülerinnen und Schüler des Hermann-Hesse-Gymnasiums in Calw unter ihrem Geschichtslehrer Herrn Kuhn teil. Insgesamt 13 Schüler der Klassenstufe 10 verbrachten zusammen mit zwölf gleichaltrigen Schülerinnen aus einem beruflichen Gymnasium in Oświęcim, die von ihrer Englischlehrerin Frau Szaniawska-Sapela begleitet wurden, eine Woche gemeinsam auf der Burg Liebenzell, wo sie in modern eingerichteten Zimmern im Europa-Haus untergebracht und wunderbar verpflegt wurden sowie ein abwechslungsreiches Programm geboten bekommen haben. 

Die deutsch-polnische Jugendbegegnung stand dieses Jahr unter dem Thema „Menschenrechte gestern, Menschenrechte heute“. Konkret standen sowohl Aktivitäten auf der Burg Liebenzell als auch Ausflüge in die nähere und weitere Umgebung auf dem Programm. Neben Seminarsitzungen zu Menschenrechten und Diskriminierung im Allgemeinen ging es vertieft um die Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft, um die Verfolgung der Jüdinnen und Juden, Erinnerungskultur heute und die Lebens- und Arbeitsbedingungen der polnischen Zwangsarbeiter in der Region Calw. Die Ausflüge führten die Jugendlichen am Montag nach Calw, am Dienstag nach Freudental (Kreis Ludwigsburg) und am Donnerstag nach Grafeneck auf die Schwäbische Alb. 

Am Montagnachmittag führten die deutschen Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre polnischen Begegnungspartner durch die Calwer Innenstadt und zeigten ihnen dabei abseits der üblichen touristischen Routen auch die Orte, die für sie selbst als junge Menschen wichtig sind. Am frühen Abend besuchte die Gruppe die Schule der deutschen Jugendlichen, um nach einer Begrüßung durch den Schulleiter Herrn Dr. Köcher von Herrn und Frau Weiss aus Hirsau über das Schicksal von Erna Brehm und Marian Gawroński informiert zu werden. Der polnische Zwangsarbeiter Marian Gawroński und die Calwerin Erna Brehm hatten während des Zweiten Weltkrieges eine Liebesbeziehung, was damals wegen der geltenden „Rassentrennung“ streng verboten war und Erna Brehm letztlich eine Haftstrafe im Frauenkonzentrationslager Ravensbrück einbrachte, an deren Folgen sie bereits mit 27 Jahren im Jahre 1951 verstarb. 

Der Ausflug nach Freudental führte uns ins dortige „Pädagogisch-Kulturelle Centrum Ehemalige Synagoge Freudental“. Hier erfuhren alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer viel über das Leben von Jüdinnen und Juden vor und während der nationalsozialistischen Herrschaft und nebenbei entdeckten manche auch ihr Talent fürs Jonglieren. 

Der Tagesausflug am Donnerstag führte die Gruppe auf die Schwäbische Alb: Hier stand der Besuch der Gedenkstätte Grafeneck im Zentrum. Angesichts der idyllischen Umgebung und bei strahlendem Sonnenschein fiel es uns schwer, uns vorzustellen, dass gerade an diesem Ort 10.654 Menschen mit geistigen Behinderungen bzw. psychischen Erkrankungen auf brutale und kaltblütige Art und Weise ermordet wurden. Während des Workshops wurde das Unvorstellbare plastischer und greifbarer: Durch die Arbeit mit Originaldokumenten rückte uns das Schicksal vor allem der Opfer näher und das Gespräch mit einer Opferangehörigen, deren Urgroßvater in Grafeneck ermordet worden war, zeigte uns, dass die Verbrechen der sogenannten „Euthanasie“ bis heute Familiengeschichten überschatten können und gerade deshalb aber nicht vergessen werden dürfen. 

Neben der Beschäftigung mit ernsten Themen ging es natürlich auch um geselliges Beisammensein und gegenseitiges Kennenlernen. Und dass auch Sprachbarrieren nicht unüberwindbar sind, bewies die Woche eindrucksvoll. Ein großer Dank gebührt an dieser Stelle Frau Kozak, die durch ihre präzisen Übersetzungen ins Polnische bzw. aus dem Polnischen großen Anteil am Gelingen der Jugendbegegnung hatte. Doch der größte Dank gebührt sicherlich den beiden Projektkoordinatorinnen – Frau Piotrowska auf polnischer und Frau Schneider auf deutscher Seite –, denen es durch unermüdlichen Einsatz gelang, die Jugendlichen „bei Laune zu halten“ und dennoch für ein anspruchsvolles Programm zu sorgen. 

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Das Abschiednehmen am Ende dieser sehr intensiven Woche ist jedoch kein Abschied für immer, sondern nur ein Abschied auf Zeit: Im November findet der Gegenbesuch der Deutschen in Polen statt!

Andreas Kuhn

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