Die Nashörner von Eugène Ionesco – verblüffende Theateraufführung am HHG-virtuoses Spiel mit einem Klassiker.
Eine ganz normale Kleinstadt mit anständigen Bürgern. Besorgte Bürger? Jedenfalls wurde ein Nashorn gesehen. Einfach so. Mitten auf
der Straße. Als das Ungetüm dann auch noch eine Katze zertrampelt, wird die Sache ernst. War das Tier einhörnig oder zweihörnig?
Afrikanisch oder asiatisch? Bevor diese wichtigen Fragen geklärt sind, taucht das nächste Nashorn auf und noch eins und noch eins.
Mit Logik kann man dieser Entwicklung offensichtlich nicht Einhalt gebieten... Behringer (Nele Filipak)und Hans(Silas Ramm) beobachten einen merkwürdigen Vorfall: Ein Nashorn stürmt durch die Stadt. Kurz darauf ein zweites. Oder war es doch dasselbe? Nicht die Tatsache an sich beunruhigt die beiden, sondern nur die Ungewissheit, ob es nun ein und derselbe Dickhäuter oder doch zwei unterschiedliche waren. Auch am nächsten Morgen wird der Vorfall heftig diskutiert, als plötzlich Frau Ochs(Charlotte Kriesel)erscheint und berichtet, ihr Mann habe sich in ein Nashorn verwandelt. Nach und nach tauchen weitere wutschnaubende Dickhäuter in der Stadt auf, weil sich immer mehr Einwohner in sie verwandeln. Wer dazugehören will, tut es ihnen gleich und wird Teil dieser grunzenden Massenbewegung, alle stecken sich quasi epidemisch mit „Rhinozeritis“ an. Auch der Logiker (Sebastian Bez) ist mit seinem Latein am Ende. Sogar Behringers bester Freund Hans verwandelt sich in einer grotesken Szene vor den Augen des Publikums in ein Rhinozeros. Schließlich erliegt auch Behringers geliebte Daisy (Chelsea Flad) dem perfiden Charme der Dickhäuter. Nur Behringer, Ionescos tragisch-komischer Antiheld, widersetzt sich. In weiteren Rollen brillierten Helen Rathfelder (Stech), Chiara Pfrommer , Jeremias Hofbauer , Marlon Adam und Simon Krampe.
Die Mittelstufen-Theater- AG des HHG nahm sich dieses Jahr Ionescos weltberühmte Parabel auf das Erstarken von brutaler Unmenschlichkeit, Massenwahn und Anpassertum vor und brachte mit Schülerinnen und Schülern der 8. bis 10. Klasse unter Leitung von Deutsch- und Musiklehrer Christian Buchholz eine rasante Inszenierung auf die Theaterbühne des Forums am Schießberg. Für die Technik war wie gewohnt Kunstlehrer Steffen Folter verantwortlich. Buchholz und seiner Theater-AG ist einmal wieder mit der Aufführung eine außergewöhnliche Produktion gelungen. Die Darstellung von gesellschaftlicher Absurdität, wie sie bei Ionesco angelegt ist, war offensichtlich. Wie selbstverständlich stellten sich Assoziationen zu den „Nashörnern“ unserer Tage ein. Ein begeistertes Publikum, das aktiv trampelnd beim Theaterstück durch ein „Stampf-O-Meter“ einbezogen wurde, zollte den jungen Darstellern und Darstellerinnen den verdienten Respekt.
Die Nashörner (Originaltitel: Rhinocéros) ist ein französischsprachiges Theaterstück des rumänisch-französischen Dramatikers Eugène Ionesco, basierend auf der gleichnamigen Erzählung aus dem Jahr 1958 und gilt als eines der klassischen Stücke des Absurden Theaters.
Annette Werz